Donnerstag, 17. Oktober 2013

Prinzessin Shamim

Vor drei Wochen traf ich Shamim zum ersten Mal. Wir waren an einer unserer Schulen und fotografierten Kinder. Sie sollte neu in unser Patenschaftsprogramm aufgenommen werden. Wie alle anderen Kinder, in die Kamera schauen, ein kurzes Lächeln - nichts ahnend, dass schon bald ein schrecklicher Unfall ihr Leben verändern würde. 

Letzte Woche waren wir mit unserem Team wieder an der Schule und machten Hausbesuche. Alle Kinder, die ins Patenschaftsprogramm aufgenommen werden, werden vorher besucht. Ich war mit einem Lehrer unterwegs, als wir zu Shamims Bruder kamen und der Mutter ein paar Fragen stellten. Dann sagte jemand, dass im Haus noch ein Mädchen mit Verbrennungen liegt und ich es mir anschauen sollte. Bei den vielen Kindern, die man vor der Linse hat, erkannt ich sie nicht. Ich wußte nicht, dass ich sie vor einer Woche fotografiert habe. Aber sie muss es gewußt haben. Einen Muzungu (so werden wir Weiße hier genannt) vergißt man nicht so schnell. Sie sah sehr schlecht aus und hatte Fieber. Das ganze linke Bein hatte Verbrennungen. Jemand hatte sie beim Spielen gestoßen und so ist sie in eine Feuerstelle gefallen. Zur Erstversorgung hat man sie ins Krankenhaus gebracht. Für alles weitere hatte die Familie kein Geld. 


Shamim eine Woche nach dem Unfall


So lag sie nun schon seit einer Woche da, ohne Schmerzmittel, ohne Verband, sie zitterte am ganzen Leib und ihr Kopf glühte. Ich versuchte der Mutter deutlich zu machen, dass Shamim dringend ins Krankenhaus musste. Es entstand eine heftige Diskussion, Nachbarfrauen waren gekommen, der Pastor war auch schon da, bis man mir erklärte, es ist kein Geld für eine Behandlung vorhanden. Der Vater wurde angerufen und vom Feld geholt. Ich erklärte ihnen, ich würde alles bezahlen. Es dauerte, bis sie es verstanden. Letzten Dienstag brachten wir Shamim dann ins Krankenhaus. Wir haben für sie und ihrer Mutter jeden Tag das Essen bezahlt. Am Montag bekam ich einen Anruf, die Ärzte können nicht weiter behandeln, wenn wir nicht schon mal einen Teil der Behandlung bezahlen. Also fuhren wir hin, brachten Shamim ein paar Lutscher und bezahlten die Rechnung. Wisst ihr, wie Shamim sich gefühlt hat? Wie eine Prinzessin. Ein Weißer kommt sie besuchen und bezahlt ihre Rechnung. (Das erinnert mich an Gnade). Ihre Wunde sah schon viel besser aus.


Shamim und ihre Mutter und ich

Shamims Fuss nach 6 Tagen Behandlung
Am Mittwoch bekam ich dann den Anruf, Shamim kann abgeholt werden. Ich setzte mich sofort ins Auto und fuhr hin. Sie freute sich, als sie mich sah. Ich erledigte den Papierkram, holte noch Medikamente und dann packten wir die Sachen. Ich nahm sie auf den Arm und trug sie ins Auto. Wisst ihr, wie sie sich fühlte? Genau, wie eine Prinzessin. Ein Muzungu trägt sie auf Händen. Wir waren schon dabei das Gelände zu verlassen, als der Pförtner uns anhielt. Er wollte die Rechnung sehen. Kein Patient verlässt das Krankenhaus, ohne die Rechnung bezahlt zu haben. Ich hielt ihm die Rechnung vor - sie war bezahlt, und wir fuhren nach Hause.

Shamims Bein nach der Entlassung aus dem Krankenhaus
Shamim ist wieder zu Hause
Als wir uns dem Haus näherten, merkte ich, dass Mutter und Tochter schon ganz nervös wurden. Dann kamen wir an. Ich nahm Shamim wieder auf den Arm - wir mussten um ein paar Hütten gehen, dann hörte ich nur von allen Seiten: Shamim, Shamim....
Eine Nachbarin kam und nahm mir Shamim ab, Kinder kamen von überall her. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was das für eine Freude war: Shamim war wieder zurück. Und wie sie aussah, sie strahlte und freute sich. 

Dann erzählte ich der Familie von Jesus und wir beteten und dann ging ich mit Tränen in den Augen - überglücklich. 

Ich könnte aus dieser Geschichte jetzt eine Predigt machen, über Gnade. Oder: der Preis für dein Leben ist bezahlt. Oder: du wirst auf Händen getragen. 

Ich weiß, ich habe Gnade erlebt, der Preis für meine Schuld ist bezahlt und ich werde auf Händen getragen. Das ist, was zählt!

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