Seit Stunden liege ich wach und denke über das Leben hier in Afrika nach. Eine Sache beschäftigt mich, seid dem wir hier sind. Das Leben dieser Menschen ist so begrenzt. Alles dreht sich hier um Geld. Ich meine in Deutschland ja auch, aber hier kostet alles Geld. Jeder Telefonanruf kostet hier Geld. Jede Fahrt kostet Geld. Alles kostet hier Geld. Und ehrlich gesagt regt mich das auch manchmal ziemlich auf. Ich bin es nicht gewohnt, dass alles Geld kostet. Nicht weil in Deutschland alles kostenlos ist, aber weil wir in Deutschland aus dem Überfluss leben. Niemand berechnet die Spritkosten, wenn er zur Eisdiele fährt sich ein Eis zu holen. Dabei sind die Spritkosten ja manchmal teurer als das Eis. Nein Sprit ist einfach da, weil ich letzte Woche getankt habe. Niemand macht sich Gedanken, was ein Telefonanruf kostet, weil einfach genug Guthaben da ist. Wir leben in Deutschland aus dem Überfluss.
Hier in Uganda ist das anders: wenn du irgendwo hinfahren willst, tankst du genau für die Strecke, für diese eine Fahrt. Wenn du telefonieren willst, kaufst du airtime für diesen einen Anruf. Und wenn du Glück hast, reicht es noch für einen Anruf. Und da wir hier mit einheimischen Mitarbeitern zusammenarbeiten, belastet es auch unsere Arbeit. Wenn es darum geht eine Dorfschule zu besuchen: das kostet Geld. Kannst du mal jemandem anrufen: der hat nicht den gleichen Netzanbieter und das kostet wieder, wer hat Guthaben auf seinem Handy? - Hallo????? Bitte ein Anruf wird wohl nicht soviel kosten. Doch, und wenn nur 100 Schilling, umgerechnet 3 Cent, es kostet Geld. Jetzt versteht ihr vielleicht, wenn ich sage das nervt. Gestern unterhielt ich mich mit unserem Bauleiter und ich fragte ihn nach Preise für Baumaterial. Er sagte die Preise sind sehr schwankend. Mal kostet der Sack Zement 25000 Schilling, mal 27000. Mal 7,33€ und das nächste mal 7,91. Unglaublich, für mich läpische 58 Cent, für ihn ist das Geld.
Leben im Überfluss, das bin ich gewohnt. Ich habe überlegt, was das Gegenteil von Überfluss ist? Es ist Armut. Es ist nicht genug da. Nicht genug Geld um den Tank voll zu machen, nicht genug Geld für die Anrufe des ganzen Tages. Nicht genug um etwas auf die Seite zu legen. Das Leben ist so begrenzt, weil einfach überall Mangel herrscht. Für mich, der ich den Überfluss gewohnt bin, würde sagen, das Leben ist soooo begrenzt, das ist nicht mehr schön. So könnte ich auf Dauer nicht leben. Ich will mehr, will Freiheit, will Leben, ohne Begrenzungen. Ich will einfach raus aus dieser Enge!
Mich erinnert dieses afrikanische Leben an so viele Christen. Sie leben nicht aus dem Überfluss, sie leben aus der Armut. Sie bekommen nur das, wofür sie gebetet haben. Und wenn sie etwas im Gebet nicht ausgesprochen haben, steht es ihnen auch nicht zu. Und überhaupt, man muss sich doch anstrengen, muss Gott eine Gegenleistung bringen, ihm mit irgendetwas einen Gefallen tun.
Wenn ich die Bibel lese, dann lese ich davon, dass Jesus gekommen ist um uns das Leben zu geben - und das im Überfluss (Johannesevangelium 10,10). Ich dachte der Begriff "Überfluss" kommt nur an dieser einen Stelle vor. Aber da lag ich falsch. Da ist grade ein Mann dabei, seinen blinden Vater hinterhältig zu betrügen indem er sich vorgibt sein älterer Bruder zu sein. Ich meine - es ging in dieser Situation nicht um eine Notlüge, es ging darum den Segen des Bruders zu stehlen. Und der Vater spricht seinem Sohn Erfolg im Überfluss aus (1. Mose 27). Das riecht stark nach Gnade. Hast du mal darüber nachgedacht, du begehst die größte Sünde deines Lebens und Gott verspricht dir genau in dem Moment Leben im Überfluss. Das ist krass. Das ist Gott, so wie ich ihn kennen gelernt habe.
Leben im Überfluss beginnt da, wo du anfängst Gott etwas zuzutrauen. Traust du ihm zu, deine Krankheit zu heilen? Traust du ihm aber auch zu, trotz Krankheit dir ein erfülltes Leben zu geben? Traust du ihm zu, dass er nie die Kontrolle über dein Leben (und das deiner Kinder) nie verliert? Er hat alles im Griff. Immer, Auch wenn du grade dabei bist den größten Fehler deines Lebens zu machen.
Die letzten Tage waren hier in Uganda nicht einfach. Viele Pateneltern wollen noch schnell vor Weihnachten ihrem Patenkind ein Geschenk machen, wir versuchen alles zu besorgen. Auf Village of Eden wird Freitag Nacht ein Fischteich mit ca. 3000 Fischen leergemacht, eigene Wachleute werden verdächtigt. Unsere Helping Hands homepage wird geknackt und mit Viren versehen. Ich fühle mich nicht so gut, mache wieder einen Malariatest und der ist positiv. Einige Pastoren (Schulleiter) klagen, dass sie fürs nächste Schuljahr nicht genug Klassenräume haben und Geld brauchen. Gestern wieder eine Familie mit zwei kranken Kindern besucht, die dringend Hilfe benötigen. Ich fühle mich oft so hilflos - das sieht nicht alles nach Leben im Überfluss aus. Und dann spüre ich sie wieder, diese Kraft die uns trägt. Diese Quelle, die nie versiegt. Dieses Leben im Überfluss, ich sehe es nicht (und vielleicht ist es auch gut so), aber ich bin mitten drin!
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